"Erinnerung an eine große Pianistin"
betitelt Peter T. Köster im Februarheft (2013) von FONO FORUM seinen zweiseitigen Artikel:
..."Hier erleben wir das Spiel von Branka Musulin in reinster Ausprägung: die unprätentiöse Natürlichkeit der Phrasierung, den ebenso klaren wie nuancierten Anschlag, die perlenden, glitzernden Läufe bei Mozart, den instrumentalen Belcanto und das subtile Rubato bei Chopin - das alles getragen von strengem Formbewußtsein und dem Bestreben, den geistig-sinnlichen Ideengehalt eines Werkes aufzuspüren....sei allen Freunden der großen Pianistin und allen an der Geschichte des Klavierspiels im 20. Jahrhundert interessierten Sammlern die vorliegende Veröffentlichung wärmstens empfohlen!"
Branka Musulin wurde am 6. August 1917 (und nicht 1920, wie es in den meisten Lexika steht) in Zagreb geboren. Sie fiel schon als Kind durch ihren Drang zum Klavier und ihr Improvisationstalent auf. Bereits als Neunjährige trat sie erstmals öffentlich auf und als Dreizehnjährige begann eine Ausbildung bei dem Pianisten Svetislav Stancic. Nach Konzertdiplom und dem Abitur ging sie nach Paris, um dort bei Alfred Cortot und Yvonne Lefébure zu studieren, danach zu Max von Pauer nach Württemberg und zu Alfredo Casella nach Rom. Ab Ende der vierziger Jahre konzertierte sie in zunehmendem Maße mit Soloabenden oder als Solistin mit Dirigenten wie Celibidache, Keilberth oder Konwitschny, die sie oft einluden. 1958 übernahm sie eine Klavierdozentur an der Musikhochschule Frankfurt/Main und wurde etwas später zur Professorin berufen.
Branka Musulin hatte in ihrer Zeit als Konzertpianistin eine große Hörergemeinde, sowohl in Europa, besonders in Deutschland, aber auch in Japan um sich geschart. Und dies war nicht nur ihrem Charisma geschuldet, sondern vor allem dem leuchtenden musikalischen Ernst, den sie für die vorgetragenen Werke verwandte, der neben der immer makellosen Technik zugleich die profunde Durchdringung des kompositorischen Gehalts offenbarte und nicht zuletzt die Seele des erklingenden Musikstücks offenlegte.
Als sie, erst siebenundfünfzigjährig, am 1. Januar 1975 starb, wurde es recht bald still um sie, was vor allem an der, rückwirkend betrachtet, eher lustlosen Propagierung durch ihre Schallplattenfirma schon zu ihren Lebzeiten lag und nach ihrem Ableben dann ganz versiegte. Der Schatz ihrer Platteneinspielungen wurde dann folglich in der beginnenden CD-Ära auch nicht mehr gehoben.
Doch parallel zu ihrer Discographie hat Musulin über zweieinhalb Jahrzehnte an den Rundfunkanstalten ein weitaus breiteres Repertoire dokumentiert, als ihre Platteneinspielungen vermuten lassen. Und entlang dieses Repertoires und den zugehörigen Aufnahmedaten ließe sich die Geschichte einer entdeckenden, einer Herausforderungen sich stellenden, einer suchenden, einer gründlichst vorbereiteten, kurz: einer Ausnahmepianistin darstellen.
Ihr Name: BRANKA MUSULIN, er sollte nicht vergessen sein.